Dystopie,  Rezension

RISE: Zwei Schicksale – Zwei Nationen

Wir bedanken uns für die Bereitstellung des Rezensionsexemplars durch die Autorin Meike Piechota (und die kunstvoll verzierten Kekse 😋). Die Tatsache, dass es sich um ein Rezensionsexemplar handelt, hat keinerlei Einfluss auf die Meinung, welche in der folgenden Rezension vertreten wird.

Handlung:

Damasia und Elysium. Zwei Nationen, die einmal eins waren. Und doch unterschiedlicher nicht sein könnten. Unüberwindbar scheint die Distanz zwischen den beiden Welten, hat Elysium sich doch am Tage des RISE in himmlische Sphären erhoben. Sphären, die die schwarze Seuche in weite Entfernung rücken lassen, während immer mehr Damasier leidvoll dahinraffen. Einzig ein schmales Band verbindet Elysium mit dem Erdboden, ein letzter Anker einer Welt, die sich ihrer selbst schon lange entfremdet hat. Auf eben jenen schwebenden Inseln erwacht ein vierzehnjähriges Mädchen. Verunsichert. Allein. Jeglicher Erinnerungen beraubt. Ihre schweren Blessuren, die im elysischen Hospital behandelt werden, zeugen von harten Kämpfen und einem knappen Überleben.  Weder unter dem Personal noch im elysischen Militär bestehen Zweifel: Dieses Mädchen stammt aus den Katakomben. Das berüchtigte Gefängnis liegt im Untergrund verborgen, lässt seine Insassen unter höchsten Temperaturen vegetieren. Doch das Mädchen hat, allen Widrigkeiten zum Trotz, die Oberfläche erreicht. Und das macht sie zu einer Person von höchstem Interesse.

Das Mädchen zweifelt nicht an der Darstellung ihrer vermeintlichen Herkunft. In Elysium auf der Oberfläche ist ihr nichts vertraut. Selbst ihr Name, Samantha, haftet an ihr wie ein Fremdkörper, bildet Wucherungen, bis er Jahre später für eine erwachsene Frau mit neuer Identität stehen soll. Eine Frau, die zu den besten Kämpferinnen der Division Omega zählt, die Position eines Leutnants mit etlichen Stunden in Schweiß und Blut errungen hat. Ein Erfolg, der auch in Sams besonderer Gabe begründet liegt. Denn in Situationen von Training und Kampf überkommt sie eine Form der Trance, die ihre Leistungsfähigkeit und ihre Sinne ins höchste Ausmaß steigert. Geboren um zu töten, so hatte ihr Ausbilder Bruce ihr außergewöhnliches Talent kommentiert. Und Sam beschleicht immer mehr die Ahnung, dass er damit Recht haben könnte. Bis sie eines Tages für eine heikle Mission auf den Erdboden, nach Damasia, beordert wird. Und eine einzige Begegnung alles verändert.

Meinung:

Ein Stück Erde. Herausgerissen, in die Lüfte aufgestiegen. Bis aus einer Welt zwei Welten wurden, ihre Trennung sich auch in der Raumebene manifestierte. Schon nach den ersten Zeilen des Klappentexts vereinnahmte diese Vorstellung meine Fantasie, ließ mich zusammen mit den Inseln Elysiums in meinen Lesesessel schweben. Die Distanz zwischen Elysium und Damasia ist schon auf dem Buchcover präsent. Vor dem Hintergrund einer schemenhaften Stadt schrauben sich die vier Buchstaben RISE in die Höhe, visualisieren den Prozess des Aufstiegs der Inseln. Gleichzeitig erzeugt das dunkle Blau eine düstere Atmosphäre, welche das Buch von der ersten Seite an aufgreift.

Denn „RISE: Zwei Schicksale – Zwei Nationen“ zeichnet von Beginn an schonungslos die Konturen einer dystopischen Szenerie: Da ist die schwarze Seuche als qualvolle und tödliche Krankheit. Da ist die Verfeindung zweier Nationen, verflochten in unerbittlicher Konfrontation. Und da ist ein System in Elysium, basierend auf Militarismus, Machtgier und Unterdrückung. Während den Gründungsfamilien als privilegierte Oberschicht Entscheidungsgewalt und ein Leben in Überfluss vergönnt ist, muss sich die einfache Bevölkerung nach ihren Bedürfnissen verbiegen, um jeden Preis das erklärte Ziel des „Fortschritts“ fördern. Auch wenn sich Piechota somit den klassischen Elementen einer Machtverteilung im dystopischen Setting bedient, zog mich das Setting Kapitel um Kapitel in seinen Bann.

Dies ist insbesondere in der Art und Weise begründet, wie Piechota mit Damasia eine Kontrastwelt erschafft. Bewusst spielt sie dabei mit den Vorurteilen, welche die Bevölkerung Elysiums gegenüber den vermeintlichen „Barbaren“ Damasias hegt. Diese treten nicht nur, jedoch insbesondere in den Reihen des elysischen Militärs hervor, welchem Piechota eine zentrale Rolle in der Handlung einräumt. Denn dies ist das Umfeld, in dem Sam ihre Jugend verlebt, zu einer Frau heranwächst, gezeichnet von harten Jahren der Ausbildung. Insbesondere die brutalen Trainingsmethoden, welchen Sam als Rekrutin ausgesetzt ist, haben mich immer wieder geschockt. Meike Piechota gelingt es dabei, jeder Facette der Welt von RISE eine Bedeutung zu verleihen, Authentizität zu generieren, die auch über die Buchdeckel hinaus für den Lesenden erfahrbar wird. Gerade dieser Aspekt des Buches hat mich aufrichtig begeistert!

Mit Samantha, genannt Sam, setzt Meike Piechota eine mutige Protagonistin mit starker Charakterentwicklung in das Zentrum der Handlung. Ich war beeindruckt, wie tough sie bereits im Alter von vierzehn Jahren auftritt, sich selbst dann nicht unterkriegen lässt, als sie in das Ausbildungsprogramm der Division Omega aufgenommen wird. Zwar präsentiert sie ihrem Umfeld stets eine harte, leicht unterkühlte Fassade. Doch hinter dieser steht eine Gefühlswelt, die eine andere Sprache spricht, einen Charakter offenbart, der durchaus von Emotionalität gezeichnet ist. Gerade gegenüber ihrer Einheit, welche sie als Leutnant befehligt, zeigt sie Verantwortungsbewusstsein und Loyalität. Selbst in schwierigen Situationen behält sie die Nerven, trifft sorgfältig abgewogene, jedoch nicht immer ganz risikolose Entscheidungen. Sam kann ich daher als starken Frauencharakter positiv hervorheben, wenngleich die Figurenzeichnung der toughen Heldin nicht ohne Stereotype auskommt.

Auch den anderen Figuren von „RISE: Zwei Schicksale – Zwei Nationen“ schenkt Meike Piechota eine individuelle Ausgestaltung. Insbesondere Maggie und ihr Bruder sind mir im Laufe der Handlung immer mehr ans Herz gewachsen. Beide zeigen auf ganz unterschiedliche Art und Weise ihre Freundschaft und Loyalität und das, obwohl Sam es ihnen zu Beginn nicht leicht macht. Doch insbesondere Maggie kann Sams abweisendes Verhalten nicht abschrecken. Und so schleicht sich die junge Frau mit den roten Locken nicht nur in das Herz des Lesenden Stück für Stück ein.

Zwar lässt sich Sam als Hauptcharakter des Buches „RISE: Zwei Schicksale – Zwei Nationen“ ausmachen. Jedoch lässt Meike Piechota in ihrem Werk auch Nebencharaktere immer wieder zu Wort kommen. Auf diese Weise kann der Lesende vielfältige Perspektivwechsel vollziehen und Schlüsselereignisse erneut von einem anderen Standpunkt aus erfahren.

Mit Meike Piechotas Schreibstil musste ich zu Beginn erst einmal ein bisschen warm werden. Doch sobald ich mich in das Geschehen eingefunden hatte, entfaltete er eine Sogwirkung, die mich Kapitel um Kapitel verschlingen ließ. Hochspannend webt Piechota einen Handlungsstrang, welcher kontinuierlich auf den Höhepunkt der Handlung zusteuert – und so einige unvorhersehbare Wendungen bereithält.  

„Schmerz ist die falsche Währung für eine mutige Idee“

Fazit:

„RISE: Zwei Schicksale – Zwei Nationen“ ist eine düster-dystopische Fantasy-Lektüre mit erstklassigem Worldbuilding. Umso mehr bedauere ich es, dass diese Welt einzig zwischen zwei und nicht zwischen mehreren Buchdeckeln Einzug erhalten durfte.  Eine Leseempfehlung für jeden, der gern auf dem schmalen Grat zwischen Fantasy und Science-Fiction wandert und sich von brutalen Kampfszenen nicht abschrecken lässt.

Fakten:

TitelRISE: Zwei Schicksale – Zwei Nationen
AutorinMeike Piechota
VerlagIsegrim Verlag
Erscheinungsjahr2023
Seitenzahl492
Preis18,95 €

Eure Jasmina

Eine Antwort schreiben

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert