Dystopie,  Rezension

Pistolero – Das Kind der Alpträume

Wir bedanken uns für die Bereitstellung des Rezensionsexemplars durch den Autor Marek Blex. Die Tatsache, dass es sich um ein Rezensionsexemplar handelt, hat keinerlei Einfluss auf die Meinung, welche in der folgenden Rezension vertreten wird.

Handlung:

Jeder hat etwas, vor dem er sich fürchtet. Jeder hat etwas, das ihn in Ängsten verfolgt. Nicht nur in endlosen Gedankenstrudeln einsamer Tage, sondern manchmal bis in die Nächte hinein. Manchmal gebärt diese Angst Alpträume, beendet mit dem morgendlichen Zucken der Augenlider. Denn das Alptraumreich existiert nur in unserem Kopf. Doch was würde geschehen, wenn es zur grausamen Wirklichkeit werden würde?

In einer Welt, in der das Alptraumreich die Realität vereinnahmt hat, Nachtmahre Königreiche zu Fall gebracht haben und die alten Magierschulen vergangen sind, ist Roderigo nichts weiter als ein Relikt. Und das gleich in vielerlei Hinsicht. Er ist nicht nur der letzte Pistolero seiner Gilde, er ist auch einer der letzten Repräsentanten der alten Ordnung. Doch anstatt wie früher in den Schlössern der Adeligen als angesehener Krieger hofiert zu werden, streift er rastlos durch das Land, verdingt sein Geld mit der Jagd. Nicht wenige Ausgeburten des Alptraumreiches haben dabei schon einmal Bekanntschaft mit seinen Nickel-K2-Frontladepistolen gemacht, welche der Pistolero wie kein Zweiter zu führen weiß. Es ist ein Leben der Perspektivlosigkeit, ein sich stetig wiederholender Kreislauf aus Verfolgung und Tod. Somit gleicht es einer Routineaufgabe des Pistoleros, als ihn eine Dorfgemeinde für kargen Lohn um Hilfe bei der Verteidigung gegen die Mörderkrähen Viccos bittet.

Was Roderigo nicht weiß: In seiner Welt hat sich etwas verändert. Etwas, das das Schicksal dieser Welt an einen Kipppunkt drängt. Denn vor genau zehn Jahren wurde ein Mädchen geboren, das den Menschen ebenso nah wie den Nachtmahren selbst ist. Ein Kind, das das Schicksal dieser Welt besiegeln oder es in das Gegenteil verkehren könnte. Viele Mächte sind auf der Suche nach der kleinen Elisabeth, ohne von dem wahren Ausmaß ihrer Kräfte zu ahnen. Als auch Roderigo angeheuert wird, sich gemeinsam mit der tödlich schönen Messertänzerin Kristin, dem Ritter Leonardo und weiteren Kriegern und Veteranen des Herzogs auf die Suche zu begeben, muss er eine Entscheidung treffen: Ist er bereit, für die Hoffnung einzutreten? Oder gleicht die Hoffnung einer Finte in einer Welt, die bereits im Sterben liegt?

Meinung:

Dunkelheit und das Gefühl, dass die Finsternis kein Ende nimmt. Eine ähnlich düstere Stimmung ging schon von den ersten Seiten an von dem Buch „Pistolero – Das Kind der Alpträume“ aus. Der feurige Schriftzug erhebt sich auf schemenhaftem Grund, ein eindrucksvolles Cover, dessen Nebelschwaden bis in meinen Lesesessel ziehen. Dort, mitten in der Dunkelheit, zwischen Häusern und Ruinen, erhebt sich jene Gestalt, die schon auf dem Schlachtfeld von Hyrd kämpfte, mit Anorak und spitzem Hut sich nun erneut den Nachtmahren stellt. Obwohl es dieser Komposition keineswegs an furchteinflößenden Elementen mangelt, ist sie doch nur ein flüchtiger Einblick in das, was das Werk zwischen den Seiten bereithält.

Denn „Pistolero – Das Kind der Alpträume“ ist wirklich alles andere als ein Buch für schwache Nerven. In einer dystopischen Szenerie aus fantastischen Gefilden ist der Leser vor keinem Schrecken gefeit, muss sich Horrorkreaturen ebenso wie blutigen Gemetzeln und anderen grausamen Gewaltverbrechen stellen. Hätte man in der Erzählvergangenheit eine mittelalterliche Welt rivalisierender Fürstentümer, fahrender Händler und beackerter Felder vorgefunden, gleichen nun viele einst lebendige Landstriche Einöden. Verschwunden sind die Menschen, die sie einst bewohnten – geflohen oder dem Hunger monströser Wesen zum Opfer gefallen.

Mit dem Anbruch des Alptraumreiches haben die Nachtmahre die Herrschaft über diese Welt an sich gerissen. Ein Kampf, über den der Leser immer wieder Bruchstücke aus der Gedankenwelt einzelner Figuren erhält. Wie genau jedoch die Welt vor Anbruch des Alptraumreichs aussah, darüber erzählt Marek Blex in seinem Werk nur wenig. Und obwohl das Buch mit seinen 697 Seiten bereits ein wahrer Schmöker ist, hätte ich dennoch gerne mehr über das alte Herrschaftssystem und die Schule der Pistoleros erfahren. 

Eben einen Pistolero jener Schule stellt Blex in das Zentrum der Handlung. Schon vom ersten Kapitel an begleitet der Leser den zielsicheren Schützen, der das Schmiedehandwerk ebenso wie die Runenkunde beherrscht. Auch die Kampfkünste des Mannes bleiben nicht lang im Verborgenen, ebenso wenig wie der Respekt, welchen die Dorfbevölkerung ihm entgegenbringt. Dass sich hinter der stoisch ernsten Fassade des Kämpfers weit mehr verbirgt, deutet sich ebenfalls sehr früh an. Denn immer wieder gewährt Blex tiefe Einblicke in das Gefühlsleben Roderigos, zeichnet einen gebrochenen Charakter, der sich die Schuld für den Tod unzähliger Pistoleros und nicht zuletzt seines besten Freundes Gui zuschreibt. Umso beeindruckender war für mich die Entwicklung, welche die Figur Kapitel um Kapitel beschreitet, erzählt Blex doch hier die Geschichte eines Menschen, der es, allen Umständen zum Trotz, wieder wagt zu hoffen.

Neben dem Pistolero schenkt Blex auch weiteren Figuren eine starke Stimme in der Erzählung, gibt ihnen immer wieder die Möglichkeit, aus ihrer ganz eigenen Perspektive zu erzählen. So schweift der Fokus der Geschichte vom Pistolero unter anderem zur kleinen Elisabeth, zu der Messertänzerin Kristin oder dem großen Telekineten Reinhold. Handlungsstränge, welche zunächst parallel verlaufen, bindet Blex Stück für Stück aneinander, verwebt sie zu einem großen Netz, welches schon bald das ganze Alptraumreich umspannt. Auf diese Weise gelingt es Blex einen Spannungsbogen aus verschiedensten Anfängen und Enden der einzelnen Stränge zu knüpfen und überrascht den Leser immer wieder mit unvorhergesehenen Wendungen.

Da Blex bei der Figurenzeichnung wirklich spannende Charaktere entwirft, habe ich umso mehr die sprachliche Interaktion dieser bedauert. Leider habe ich viele Dialoge als sehr unnatürlich wahrgenommen. Immer wieder verlieren sich einzelne Figuren in schier endlosen Monologen, welche zwar rhetorisch gekonnt formuliert sind, jedoch eher wie vorbereitete Reden als spontane Reaktionen anmuten. Dies hat vielen Gesprächen die Dynamik genommen, welche von entscheidender Bedeutung für ein flüssiges Leseerlebnis gewesen wäre.

Dies hat sich insgesamt negativ auf den Gesamteindruck des Schreibstils ausgewirkt. Zudem bin ich auf verhältnismäßig viele Fehler im Druck gestoßen, welche sich meist durch das Fehlen eines Buchstabens am Anfang des Wortes auszeichneten. Da viele Leser die Qualität eines Werkes auch an solchen Formalitäten messen, finde ich dies als vermeidbares Manko sehr schade.

Dennoch konnte mich das Alptraumreich bis zum Schluss in seinen Bann ziehen. Blex Idee, eine Welt zu erschaffen, in der in einem apokalyptischen Setting die Alpträume der Menschheit zur grausamen Realität werden, faszinierte mich Seite um Seite!

Fazit:

„Pistolero – Das Kind der Alpträume“ ist eine düstere Dark-Fantasy-Geschichte mit vielseitigen Charakteren, einem spannenden dystopischen Setting und blutigen Kampfszenen. Ein Buch, das definitiv gerade in Bezug auf die beschriebene Gewalt ein paar Triggerwarnungen dringend nötig hätte. Auch wenn es in manchen Kapiteln durch ausschweifende Dialoge etwas langatmig wird, bleibt das Alptraumreich dennoch in faszinierender Erinnerung.

Fakten:

TitelPistolero – Das Kind der Alpträume
AutorMarek Blex
VerlagIndependently published
Erscheinungsjahr2023
Seitenzahl697
Preis19,90 € (Taschenbuch)
Band1

Eure Jasmina

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