Rezension,  Urban Fantasy

Yadriel und Julian – Cemetery Boys

Handlung:

Kranke heilen und Geister ins Jenseits entlassen. Jene Gaben vermachte Santa Muerte einst der Gemeinschaft der Brujx, teilte sie unter den Brujos und Brujas auf. Schon im Alter von 15 Jahren stellt sich ein jeder und eine jede in ihren Dienst, um die mächtigen Kräfte zu erhalten und auszuüben. Nicht so Yadriel. Schon viel zu lange ist sein 15. Geburtstag verstrichen. Weil er trans ist, wird ihm das Ritual für den Erhalt der Gaben von seiner Familie verwehrt.

Als der Dia de Muertos immer näher rückt, trifft Yadriel eine Entscheidung. Zusammen mit seiner Cousine Maritza beschließt er, allein vor Santa Muerte zu treten und das Ritual heimlich durchzuführen. Santa Muerte nimmt sich seiner an und schenkt ihm die Gabe, Geister mittels seines Portaje von der irdischen Welt loszulösen. Die Gabe eines jeden Brujo. Doch in derselben Nacht, in der er sich mit Maritza über den alten Friedhof in Los Angeles schleicht, geschieht etwas Schreckliches. Ein durchdringender Schmerz wirft die beiden Jugendlichen nieder, ein Schmerz, der nur eins bedeuten kann: Miguel, Yadriels Cousin, wurde gewaltsam dem Leben entrissen. Die ganze Gemeinschaft der Brujx spürt es. Von der Leiche aber fehlt jede Spur.

Yadriel möchte sich an der Suche beteiligen, doch sein Vater, das Oberhaupt der Brujx-Gemeinschaft, weist ihn an, bei den „anderen Frauen“ zu bleiben. Yadriel lässt sich nicht unterkriegen. Mit der festen Überzeugung, seinen Cousin zu finden und zur Rede zu stellen, beschwört er seinen ersten Geist. Doch es ist der falsche. Plötzlich steht vor ihm nicht Miguel, sondern Julian Diaz, der Bad Boy seiner Highschool. Zusammen mit Yadriel und Maritza will er herausfinden, wie er starb, bevor Yadriel ihn ins Jenseits entlassen darf. Im Gegenzug möchte er den beiden helfen, Miguel wiederzufinden. Doch mit jedem Tag zweifelt Yadriel mehr daran, ob er Julian je wieder gehen lassen will…

Meinung:

Als ich das Cover zum ersten Mal auf Vorablesen entdeckt habe, zog es mich sofort in seinen Bann. Die vielen bunten Farben strahlen den Betrachter regelrecht an. Fast scheint es, als ob die Kerzen tatsächlich ihre Flamme tanzen lassen und die Totenköpfe keck ein Lächeln zeigen. All jene Gestaltungselemente spiegeln die Geschichte zwischen den Buchdeckeln perfekt wider. Nicht nur dem Kulturkreis wird hier Ausdruck verliehen, auch die bunte Charakterbesetzung ist toll integriert. Da ist Julian, der offen mit seiner Homosexualität umgeht und mit seiner Freundesgruppe den Schatz einer echten Familie besitzt. Maritza, eine vegan lebende Bruja, die sich weigert, Tierblut zum Heilen von Menschen zu benutzen und stets an Yadriel glaubt. Und natürlich Yadriel, der nicht nur durch seine Genderidentität ein ganz besonderer Hauptcharakter ist.

Die Dynamik innerhalb des Trios hat mir wirklich gut gefallen und immer wieder emotionale Szenen zwischen den Seiten bereitgehalten. Gerade Yadriel und Julian könnten unterschiedlicher nicht sein, ein Umstand, der immer wieder für Spannungen sorgt. Wo Yadriel leise ist, ist Julian laut. Wo Yadriel zögert, springt Julian ins Abenteuer. Doch mit jeder Herausforderung wird das Band zwischen ihnen stärker, bis es schließlich mehr trägt, als nur Freundschaft. Denn von Anfang an akzeptiert Julian Yadriel als denjenigen, der er wirklich ist: Ein Junge und ein Brujo.

Die zarte Liebesgeschichte zwischen Yadriel und Julian hat mich sehr bewegt. Ganz langsam nähern sich die beiden Charaktere einander an, ein Auf und Ab der Gefühle und immer wieder von Zweifeln durchzogen. Genauso wie Julian weiß Yadriel, dass nichts zwischen ihnen je von Dauer sein kann. Denn Julian ist ein Geist, der sein Selbst irgendwann gänzlich verlieren, vielleicht sogar maligno wird. Während Yadriels Kopf noch überlegt, hat sich sein Herz schon voll und ganz Julian hingegeben. Und so bleibt es von Seite zu Seite spannend, wie sich die Beziehung zwischen den beiden Jungen entwickelt.

Diese Geschichte ist fantastisch –  und zwar im wahrsten Sinne des Wortes. Aiden Thomas lässt sich vom altmexikanischen Glauben inspirieren, bei dem am Dia de Muertos die Verstorbenen am Ende der Erntezeit mit den Lebenden gemeinsam feiern. Auf dieser bunten und potentialreichen Basis baut Aiden ein ganzes kleines aber feines Magiesystem auf, reich an fantasievollen und spannenden Elementen. Im Zentrum steht dabei die Idee der Gemeinschaft der Brujx, welche die von Santa Muerte gegebenen Gaben auf der Erde einsetzt. Dabei wird zwischen den Brujas, den weiblichen Mitgliedern der Gemeinschaft, und den Brujos, den männlichen Mitgliedern der Gemeinschaft unterschieden. Je ob Bruja oder Brujo erhält die Person die entsprechende Gabe von Santa Muerte. Dabei, so sind die meisten Mitglieder der Gemeinschaft der Ansicht, ist allein das biologische Geschlecht ausschlaggebend. Dass Yadriel das Ritual als Junge durchzieht, kommt daher für sie nicht in Frage. Ich fand es sehr stark, wie Yadriel mit dieser schwierigen Situation umgegangen ist. Stets hat er versucht, trotz aller Ungerechtigkeiten ein gutes Verhältnis zu einem jeden der Brujx zu bewahren und sich gleichzeitig nicht unterkriegen zu lassen. Diese Balance war nicht immer einfach und doch soll sie sich am Ende auszahlen.

Aiden Thomas hat einen lockeren Schreibstil, mit dem ich Seite um Seite durch das Buch geflogen bin. Obwohl Aiden sich nicht im Detail verliert, konnte ich zu jedem Zeitpunkt alle Schauplätze ausführlich betrachten. Besonders gut hat mir dabei der Friedhof als Handlungsort gefallen, der sich auch in der Namensgebung der Geschichte wiederfindet. Die Beschreibung der alten Gräber und Mausoleen, kombiniert mit eigenwilligen Geistern und dem bunten Totenschmuck hat dem Buch eine ganz besondere Stimmung verliehen. Jene wurde durch die Verwendung von spanischen Wörtern und Sätzen weiter ausgebaut. Diesen ganz natürlichen Wechsel zwischen den Sprachen mochte ich sehr.

Es gibt nicht viele Bücher mit einer transsexuellen Hauptperson. Gerade das Fantasy-Genre ist meiner Meinung nach im Bereich Genderidentitäten nicht sehr breit aufgestellt. Mit Cemetery Boys hat es Aiden Thomas geschafft, einen Teil dieser Lücke zu füllen und gibt so der LGBTQ+ – Community ein Stück Repräsentation. Ich hoffe, dass andere Autoren Aiden folgen werden, damit die Charaktere ebenso vielseitig wie die Geschichten selbst werden.

„Yadriel fuhr sich mit der Hand übers Gesicht. Immerhin hatte er es tatsächlich geschafft, einen echten Geist zu beschwören. Nur war es leider der Falsche.“

Fazit:

Yadriel und Julian – Cemetery Boys ist eine queere Fantasy-Liebesgeschichte mit ganz viel Spannung, Magie und tollen Charakteren. Ein besonderes und buntes Buch voller Emotionen, dass ich jedem Fantasyfan nur ans Herz legen kann.

Fakten:

TitelYadriel und Julian – Cemetery Boys
AutorAiden Thomas
VerlagDragonfly
Erscheinungsjahr2022
Seitenzahl400
Preis18,00 €

Eure Jasmina

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