Rezension,  Urban Fantasy

Scholomance – Tödliche Lektion

Handlung:

Die Scholomance ist eine Magierschule, wie man sie nie zuvor gesehen hat. Gewaltig erhebt sie sich aus der Leere, geschaffen von den mächtigsten Enklaven der Welt. Hier sollen die angehenden Hexen und Zauberer ihre Ausbildung erhalten und gleichzeitig vor Maleficaria (kurz Mals) jeglicher Art geschützt werden. Doch jede Festung hat ihre Schwachstellen und so müssen die Schüler es tagtäglich mit Ungeziefer, üblen Kreaturen und wahren Monstern aufnehmen. Schließt man keine Bündnisse oder gehört zufälliger Weise zu einer Enklave mit immensen Kraftvorkommen, genannt Mana, an, stehen die Überlebenschancen schlecht. El gehört weder einer Enklave an, noch hat sie schon ein Bündnis geschlossen. Auch ihre Beliebtheit liegt im einstelligen Bereich, wenn überhaupt. Doch sie hat ein Geheimnis: Ihre starke dunkle Affinität, mit der sie im Handumdrehen sämtliche Monster der Schule auslöschen und gar ganze Städte dem Erdboden gleichmachen könnte. Wenn sie das Mana hätte…und den Willen ihre Gabe anzuwenden.

Nur wenige schaffen es je wieder aus der Schule hinaus. Normalerweise. Denn allen Anscheins hat es sich Orion Lake, ein New Yorker Enklaver in Els Jahrgang, zur Aufgabe gemacht, sämtlichen Schülern das Leben zu retten. Einschließlich El, die davon alles andere als begeistert ist. Sie möchte schließlich nicht der Kategorie „unglückselige Würmer, die Orion Lake im Laufe seiner grandiosen Laufbahn gerettet hat“ fallen. Ebenfalls ahnt sie, dass Orions Rettungsaktionen nicht ohne Folgen bleiben sollen. Denn in der Scholomance bleibt nichts ohne Gegenleistung und so muss jedes Leben der Schule zurückgezahlt werden…

Meinung:

Die Welt der Scholomance ist so unglaublich komplex, vielschichtig, verwirrend aber vor allem eins: Faszinierend! Man wird von der ersten Seite hineingezogen, stolpert in das Geschehen und kann das Buch nach wenigen Kapiteln gar nicht mehr aus der Hand legen. Denn die Scholomance ist nicht nur wegen ihrer magischen Schüler außergewöhnlich. Das runde Bauwerk schwebt mitten in der Leere, einer Ebene gänzlich losgelöst von der Erde. Deshalb gelten dort auch andere Gesetzmäßigkeiten, welche sich direkt auf die in ihr existierende Scholomance übertragen. Beispielsweise ist die Leere ein überzeugbarer Raum. Weil die Schüler also daran glauben, dass die Schule einschließlich Wasserversorgung und Belüftung funktioniert, tut sie das auch. Wenn jedoch alle plötzlich daran zweifeln würden, könnte die Wasserversorgung zusammenbrechen und der Sauerstoff knapp werden. Doch auch Überzeugungen einzelner können fatale Auswirkungen haben. Glaubt man beispielsweise, auf dem Weg zu einem nicht alltäglichen Ort von einem Monster angefallen zu werden, kann man das als Einladung für sämtliche Mals in der Nähe betrachten. Diese Idee fand ich sehr außergewöhnlich und äußerst spannend. Sie hat der Scholomance etwas unberechenbares verliehen, gleichzeitig aber auch das Beeinflussen ihrer Gesamtexistenz durch einzelne Schüler möglich gemacht.

Darüber hinaus ist die Scholomance einfach sooo groß. Es gibt den Lesesaal, die Bibliothek, das Sprachlabor, die Werkstatt, den Vorratsraum, Seminarräume, Labore, Hörsäle, Waschräume, die Festhalle und 1600 Einzelzimmer mit ebenso vielen Schülern. Und das sind nur die Orte, die auf dem offiziellen Bauplan verzeichnet sind. Wer Pech hat, wird Opfer von Treppen, die sich entscheiden, an unbekannte Orte (mit ebenso unbekannten Mals) zu führen oder läuft durch schier endlose Gänge, die sich eigenständig verlängern. Denn die Scholomance ist ein eigenständiges Objekt. Angetrieben von riesigen Zahnrädern schiebt es auf seinen Außenbahnen die Schlafräume entlang, zum Schuljahresende eine Ebene nach unten, bis die Schüler schließlich ihre Abschlussprüfung im Festsaal absolvieren. Auch ist sie diejenige, die den Schülern Aufgaben stellt, Hausarbeiten aufgibt und die Zeugnisse verteilt. Menschliche Lehrer? Fehlanzeige. Dieses ganze System war so ausgeklügelt und komplex, dass ich manchmal mit offenem Mund in meinem Lesesessel saß. Das Universum ist einfach bewundernswert, immer wieder konnte ich von neuen Aspekten überrascht werden. Schülerin der Scholomance sein? Darauf kann ich gerne verzichten. Aber sie literarisch zu erkunden, ist absolut empfehlenswert!

Galadriel, genannt El, ist im 11. Jahrgang der Scholomance und die Hauptfigur des Buches. Am Anfang wusste ich nicht so richtig, was ich von ihr halten soll. Doch mit jeder Seite habe ich sie mehr ins Herz geschlossen (was El wahrscheinlich gar nicht recht wäre 😉) und ihr eigensinniges Wesen lieben gelernt. Denn während andere Schüler der Scholomance alles tun würden, um einen Platz in einer Enklave zu bekommen, verstellt sich El für nichts und niemanden. Sie sagt unverblümt ihre Meinung, überrumpelt Mitschüler mit ihrem Sarkasmus und ist zu jedem Enklaver bestmöglich unhöflich. Für Orion macht sie da keine Ausnahme, auch wenn dieser ihr schon mehrmals das Leben gerettet hat.

Orion ist DER Schulheld der Scholomance. Hunderte von Schülern verdanken ihm ihr Leben, ohne, dass er dafür eine ernsthafte Gegenleistung erwartet. Verständlicherweise ist der New Yorker Enklaver daher stets von Bewunderern umgeben. Echte Freunde, die ihn um seinetwillen mögen, hat er jedoch nicht. So ist er umso überraschter, als ihm in El jemand begegnet, der ihn nicht wegen seiner Heldentaten vergöttert. Und das gefällt Orion ausgesprochen gut. Zwischen El und Orion entwickelt sich im Laufe des Buches eine eigene Dynamik, in der sie sich einander annähern. Doch weil keiner von beiden so recht weiß, wie man mit einem echten Freund umgeht, bleiben sie einfach weiterhin unhöflich zueinander. Ich fand die Entwicklung der zwei Charaktere unglaublich witzig und hatte sehr viel Spaß dabei, sie zu begleiten. Auch die anderen Figuren haben ihren eigenen Charakter, sind vielseitig und manchmal nicht sofort zu durchschauen. Das hat der Geschichte noch einmal zusätzliche Spannung verliehen, denn an der Scholomance kann man niemandem trauen.

Naomi Novik beschreibt die Scholomance, ihre Schüler und jedes Detail ihrer grandiosen Welt wort- und bildgewaltig. Denn auch wenn einen die Scholomance vor Zitat „visuelle Herausforderungen“ stellt, konnte ich mir alles sehr gut vorstellen und voll in die Geschichte eintauchen. Teilweise ist Naomi Noviks Schreibstil aber auch etwas langatmig. In ausschweifenden Formulierungen erklärt sie Begrifflichkeiten, gibt Rückblenden und beschreibt das Leben von Zauberern und Hexen außerhalb der Scholomance. Dadurch hatte man als Leser einen weitreichenden Überblick über das Universum in relativ kurzer Zeit. Manchmal waren es aber einfach viel zu viele Informationen auf einmal. Ebenfalls hatte ich Schwierigkeiten mit seeeeehr langen Bandwurmsätzen. Diese tauchten mindestens einmal auf jeder Seite auf und haben meinen Lesefluss immer wieder unterbrochen. Das fand ich wirklich schade. Doch dem Spannungsbogen hat das in keiner Weise geschadet. Er baut sich langsam auf, bis er zum Ende hin in atemberaubenden Tempo nach oben schießt. Ich konnte das Buch stellenweise gar nicht mehr aus der Hand legen!

„Es hatte mir immer viel bedeutet, wenigstens meine Würde mit einer massiven Mauer zu schützen, obwohl Würde einen Dreck wert ist, wenn die Monster unter deinem Bett real sind.“ – Galadriel

Fazit:

Scholomance – Tödliche Lektion ist ein gelungener Reihenauftakt mit ganz viel Spannung und Fantasie. An der Seite von tollen Protagonisten konnte ich die wohl gefährlichste Magierschule staunend erkunden und habe jede Sekunde mitgefiebert. Ich freue mich schon riesig auf den zweiten Band empfehle das Buch allen, die in eine neue bildgewaltige Welt eintauchen wollen.

Fakten:

TitelScholomance – Tödliche Lektion
AutorinNaomi Novik
Verlagcbj
Erscheinungsjahr2021
Seitenzahl467
Preis20,00 €
Band1

Eure Jasmina

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