High Fantasy,  Rezension

Children of Blood and Bone

Handlung:

Orïsha. Eine Welt voller Magie. Erzbrecher schufen gewaltige Bauten, Wellenhüter beherrschten die Meere und Lichtweber wachten über Schatten und Licht. Mächtige Gaben, die nicht jedem zuteilwurden. Zélies Mutter war von den Göttern beschenkt worden. Als Seelenfängerin gebührte ihr die Herrschaft über Leben und Tod. Zélie ahnt, dass diese Fähigkeit auch in ihr schlummert. Anders als ihr Bruder Tzain, der wie ihr Vater ein Kosidàn ist, wurde sie mit weißem Haar geboren, ein Zeichen des Bündnisses mit den Göttern. Sehnsüchtig wartete sie darauf, ebenfalls zur Maji zu werden, im Vollbesitz der faszinierenden Kräfte zu sein.

Doch bevor sie das Alter erreichte, geschah es: Saran, König von Orïsha, ordnete die Tötung aller Maji an. Ein für alle Mal wollte er die Magie aus seinem Reich verbannen und mit ihm alle Macht, die dem Adel gefährlich werden könnte. Einzig ihre Kinder sollten am Leben bleiben. Zélies Mutter starb ebenfalls in dieser sogenannten Blutnacht. Ihr Leid hat sich für immer in Zélies Geist gebrannt.

Nun ist Zélie bereits 17. Gemeinsam mit ihrem Bruder und ihrem schwer traumatisierten Vater hat sie sich in Ilorin eine neue Existenz aufgebaut. Zusammen mit anderen Mädchen trainiert sie heimlich, lernt den Umgang mit dem Stab, einem Kampfinstrument. Denn obwohl die Blutnacht lang zurückliegt, ist der Hass auf die Kinder der Maji in der Bevölkerung und im Adel nicht geschwunden. Anfeindungen, Ächtung und Beschimpfungen als „Made“ widerfahren ihr tagtäglich. Zélie versucht, damit umzugehen. Doch die tiefsitzende Wut auf die Unterdrückung bleibt stets. Zélie ahnt nicht, dass Veränderung naht. In der Gestalt der flüchtenden Prinzessin Amari, die Zélie auf dem Markt in ein Versteck zerrt. In der Hand eine Schriftrolle, die das Unmögliche möglich machen soll: Die Magie nach Orïsha zurückzubringen. Ehe sich Zélie versieht, stolpert sie zusammen mit ihrem Bruder Tzain in ein großes Abenteuer. Denn von ihr soll nichts anderes abhängen, als die Zukunft aller Dinîvés in Orïsha.

Meinung:

Auf der Basis von der westafrikanischen Mythologie und Kultur formt Tomi Adeyemi eine völlig neue Welt, die mich von der ersten Seite an gefesselt hat. Bildgewaltig beschreibt sie das Königreich Orïsha, das ebenso von Schönheit wie von Grausamkeit geprägt wird. War das Land einst ein Hort der Magie und Freiheit, wird es nun von einem König ohne Skrupel beherrscht. Gefangen zwischen diesen Gegensätzen lebt die Bevölkerung, lebt Zélie. Ein Mädchen, dass in 17 Jahren Zeuge dieser Jahrtausendwende wurde. Eine Wende, die nicht nur die Magie aus ihrer Welt verbannte, ihr die Möglichkeit nahm, zur Maji zu werden, sondern auch ihre Mutter des Irdischen entzog. All dies lastet schwer auf ihrer Seele. Und doch hat sie entschieden, der Trauer, der Verbitterung innere Stärke entgegenzustellen.

Neben ihrem Kämpferherz schlägt auch ein Zweites in ihrer Brust. Ein Herz für jene Menschen, die ihr wichtig sind. Doch so mutig, kämpferisch und willensstark sie sich schon gleich am Anfang des Buches zeigt, scheint sie das Chaos gerade zu anzuziehen. So ist es auch nicht verwunderlich, dass ausgerechnet sie von Prinzessin Amari zwischen die Marktstände gezerrt wird. Obwohl dieses Ereignis ein völlig unvorhersehbares ist, wirft es Zélie nicht aus der Bahn. Im Gegenteil. Das erste Mal seit Jahren glüht Hoffnung in ihr. Hoffnung, dass die Magie nach Orïsha doch noch zurückkehren kann.

Prinzessin Amari ist ein vielseitiger Charakter, der sich nicht so leicht in Schubladen stecken lässt. Das jedenfalls merkt man mit fortschreitender Handlung. Am Anfang halte ich sie, ebenso wie Tzain, für eine etwas dümmliche, feine Frau, die in einem spontanen Gefühlsausbruch meinte, dass wohl mächtigste Artefakt Orïshas stehlen zu müssen. Oh, wie habe ich mich in ihr getäuscht! Denn Amari ist keinesfalls oberflächlich, noch eitel. Sie blickt auf viele grausame Jahre zurück, Jahre, in denen ihr Vater, der König, nicht nur über das Land, sondern auch über seine eigenen Kinder grausam herrschte. Er stachelte die Geschwister Inan und Amari zum kämpfen an, ließ sie sich gegenseitig verletzen. Und nun wurde ihr auch ihre einzige Freundin, die Dinîvé Binta, durch seine Hand genommen.

Immer wieder wird in Rückblicken von ihrer Zeit im Palast erzählt. Rückblicke, die einen wirklich mitnehmen. Dass Amari nun den Mut aufgebracht hat, sich gegen ihren Vater zu stellen und zu versuchen, die Magie zurückzubringen, hat meinen Respekt vor ihrem Charakter noch mehr erhöht. Und auch wenn Zélie und Tzain auf ihrer gemeinsamen Reise nicht gleich ihr gutes, mutiges Herz erkennen, wird sie schon bald zur unverzichtbaren Verbündeten.

Der Roman wird aus drei Perspektiven erzählt. Der Perspektive Zélies, Amaris – und Inans. Anders als bei seiner Schwester hat die Zeit im Palast nicht dazu geführt, dass er das System hinterfragt. Nein, er ist seinem Vater treu ergeben, träumt davon, die Magie endgültig zu vernichten. So wird er auserkoren, seine Schwester zu suchen und sie gemeinsam mit der Schriftrolle in den Palast zurückzubringen. Unter der Maske eines herzlosen Mannes versteckt sich jedoch in Wahrheit ein gebrochener, unsicherer Junge. Der trauert, dass sein gutes Verhältnis zu seiner Schwester kaputt ist und der vor allem nicht weiß, ob er seinem Vater wirklich glauben kann. Der immer wieder im Zwiespalt ist zwischen den Extremen.

Ja, Inan hat auch viel durchgemacht und seine Gedanken sind durch den König manipuliert, trotzdem konnte ich in keinem Moment für ihn Sympathie aufbauen. Als er dann auch noch anfängt, mit Zélie rumzumachen (und sich dabei seine Gedanken nur um ihren Körper drehen!), war er bei mir endgültig unten durch. Trotzdem finde ich es gut gewählt, dass auch seine Sicht den Dreiklang dieses Buches prägt. Es hat das Buch in seiner Spannung und Komplexität noch eine Ebene höher gehoben.

Dieses Buch spricht mit einer eigenen Stimme. Einer Stimme, die nicht nur den Dinîvés in Orïsha, sondern jedem Gehör verschaffen möchte, der von Rassismus betroffen ist. Diese Stimme macht das Buch einzigartig. Denn auf den ersten Blick erscheint es ja wie ein typisches Jugendbuch mit einfacher Quest. Wäre da nicht die Tatsache, dass das Buch in einem fiktiven Westafrika spielt, wäre da nicht die Tatsache, dass alle Protagonisten schwarz sind, wäre da nicht die Tatsache, dass die beschriebenen Gewalttaten an Dinîvés an der schwarzen Bevölkerung genau so verübt wurden und verübt werden. Dieses Buch öffnet neue Perspektiven und schafft dabei ein Werk, dass episch und gesellschaftskritisch zugleich ist. Ich bin absolut überwältigt und begeistert von diesem starken Debüt!!!

Fazit:

Children of Blood and Bone vereint alle Zutaten, die es für ein gutes Fantasybuch braucht: Eine großartige Welt, tiefgründige Charaktere und eine aufregende Quest. Doch Children of Blood and Bone ist nicht einfach ein gutes Fantasybuch. Children of Blood and Bone ist eines der großartigsten Debüts, die ich seit langem gelesen habe! Denn dieses Buch möchte mehr als die Geschichte einer jungen Dinîvé erzählen. Es möchte mir, dir und uns allen klar machen: Im Kampf gegen den Rassismus stehen wir erst ganz am Anfang.

Fakten:

TitelChildren of Blood and Bone – Goldener Zorn
AutorinTomi Adeyemi
VerlagFischer
Erscheinungsjahr2018
Seitenzahl623
Preis18,99 €
Band1

Eure Jasmina

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